Bei Ilka Stuhec läuft es wieder wie am Schnürchen, als ob es diese Zwangspause nicht gegeben hätte wegen des Kreuzbandrisses, den die Slowenin im Oktober vorletzten Jahres beim Training im Pitztal im Tirol erlitten und der sie während des gesamten Olympia-Winters ausser Gefecht gesetzt hatte.
Nach dem neuerlichen Rückschlag und der schon sechsten Knieoperation haderte und zweifelte Ilka Stuhec nur kurz. Sie wollte so schnell als möglich zurück an die Arbeit - und schuftete dafür wie ein Berserker. Schon vor der Abreise ins Trainingslager im Sommer in Chile hatte sie während rund 50 Tagen auf den Ski gestanden.
Mit dem in St. Moritz vor zwei Jahren gewonnenen Titel hatte Ilka Stuhec ihren Durchbruch in die Weltelite gekrönt. Der Wandel von der Mitfahrerin zur Siegfahrerin hängt stark mit dem Wechsel des Ausrüsters zusammen. Auf den Ski des Luzerner Unternehmens Stöckli fühlte sie sich auf Anhieb wohl - mit dem Resultat, dass sie mit den Produkten aus der Innerschweiz gleich die ersten drei Abfahrten jenes Winters gewann. Die Steigerung war frappant, denn zuvor waren Klassierungen in den ersten zehn Mangelware gewesen.
Die Rochade von Rossignol zu Stöckli war die Wende in der Geschichte des Privatteams Stuhec, das die Athletin vor zehn Jahren zusammen mit ihrer Mutter auf die Beine stellte, nachdem ihr der slowenische Verband die Unterstützung gekappt hatte. Die erste Phase des Alleingangs war ein einziger Existenzkampf. Die einstige Junioren-Weltmeisterin und ihre Entourage machten lange schwierige Zeiten durch. Trotzdem war Aufgeben keine Option.
Geduld und Durchhaltewillen haben sich mittlerweile ausbezahlt. Das Team Stuhec steht jetzt fest verankert und strukturiert da. Ihre Mutter, die früher Mädchen für alles war, amtet nunmehr als Koordinatorin. Mit Ales Sopotnik steht Ilka Stuhec seit dieser Saison ein neuer, erfahrener Servicemann zur Seite. Ihr Landsmann war schon vor zwölf Jahren an den Weltmeisterschaften in Are dabei gewesen. Damals präparierte er die Ski der Schwedin Anja Pärson, die vor Heimpublikum gleich dreimal Gold gewann.
Ilka Stuhec ist seit Sonntag an Weltmeisterschaften die erste erfolgreiche Titelverteidigerin in der Abfahrt seit Maria Walliser, die vor 30 Jahren in Vail ihren Erfolg in Crans-Montana wiederholt hatte. Die alte und neue Weltmeisterin erinnerte mit ihrer Fahrt an die Lindsey Vonn der besten Tage. Die Amerikanerin ihrerseits hatte zum Abschluss ihrer grossartigen Karriere nochmals einen grossen Auftritt. Rang 3 war für sie selber zwar keine Überraschung, zugetraut hatten ihr diese Leistung aber wohl nur ganz wenige.
Ilka Stuhec Erste, Lindsey Vonn Dritte - die Abfahrt in Are könnte der Schnittpunkt zweier Karrieren gewesen sein. Die Slowenin hat das Potenzial, die von der Amerikanerin hinterlassene Lücke in den Speed-Disziplinen auffüllen zu können. Nichts spricht dagegen, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Stöckli noch eine Zeitlang anhalten wird.
Lindsey Vonn war nach ihrem Rücktritt sowohl wehmütig als auch in Festlaune. "Logisch müsste ich jetzt vor allem ausruhen und zurücklehnen - aber das wird vorerst nicht passieren. Jetzt gibt es vor allem ein paar Drinks", sagte die gefeierte Amerikanerin vor den Medien.